Meiden Pferde instinktiv Giftpflanzen? Warum es trotzdem immer wieder zu Vergiftungen kommt
Viele Pferdebesitzer gehen davon aus, dass Pferde instinktiv wissen, welche Pflanzen giftig sind und sie deshalb meiden. Tatsächlich schützt sich ein Großteil der Giftpflanzen durch Bitterstoffe, unangenehme Gerüche oder eine raue Oberfläche vor Fraßfeinden – und die meisten Pferde fressen sie in der Regel nicht. Trotzdem kommt es immer wieder zu Vergiftungen.
Warum ist das so? In diesem Artikel erfährst Du, warum der natürliche Instinkt nicht immer zuverlässig ist, welche Giftpflanzen besonders häufig auf Weiden zu finden sind und wie Du Dein Pferd vor Vergiftungen schützen kannst.
Warum fressen Pferde Giftpflanzen?
Grundsätzlich meiden Pferde giftige Pflanzen – solange sie eine Alternative haben. Doch es gibt mehrere Gründe, warum sie trotzdem gefährliche Pflanzen aufnehmen können:
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Hunger und Überweidung
Wenn auf der Weide nicht genügend nahrhaftes Gras vorhanden ist, suchen Pferde nach anderen Futterquellen. In diesen Fällen werden auch Pflanzen gefressen, die normalerweise gemieden würden. Leider habe ich solche Fälle bereits zweimal selbst erlebt. Einmal hat das Pferd einer Freundin auf der abgenagten Weide Ferkelkraut gefressen und hatte anschließend neurologische Ausfälle, das andere Mal hat sich mein Pferd vergiftet, als es auf der kurz gefressenen Weide Hahnenfuss gefressen hat. Besonders heutzutage, wo abgefressene Weiden als „gesund“ gelten, bzw. als Diätweiden gehandelt werden, kommt es häufiger zu solchen Vorfällen. -
Trockene oder verarbeitete Giftpflanzen
Viele Giftpflanzen verlieren beim Trocknen ihren bitteren Geschmack, bleiben aber hochgiftig. So kann es passieren, dass Pferde sie im Heu oder in Silage unbemerkt aufnehmen. Ein klassisches Beispiel dafür ist Jakobskreuzkraut. -
Neugier und Langeweile
Besonders junge oder unerfahrene Pferde knabbern aus Neugier an Pflanzen, die sie nicht kennen. Auch Langeweile auf kargen Paddocks kann dazu führen, dass Pferde an allem knabbern, was sie finden. -
Falsche Fütterung
Ein Mangel an Mineralstoffen oder Spurenelementen kann dazu führen, dass Pferde versuchen, diesen durch das Fressen ungewohnter Pflanzen auszugleichen.
Häufige Giftpflanzen auf Pferdeweiden
Viele giftige Pflanzen sind in unseren Breiten weit verbreitet und wachsen häufig auf Weiden. Hier sind einige der gefährlichsten Pflanzen, die Du kennen solltest:
1. Jakobskreuzkraut
- Gefahr: Besonders im getrockneten Zustand. Führt auf Dauer zu Leberschäden.
- Erkennungsmerkmale: Gelbe Blüten, fiedrige Blätter, wächst oft auf nährstoffarmen Weiden.
2. Hahnenfuß
- Gefahr: Enthält Protoanemonin, das Haut- und Schleimhautreizungen verursacht.
- Erkennungsmerkmale: Gelbe Blüten, wächst auf feuchten Wiesen.
3. Herbstzeitlose
- Gefahr: Enthält Colchicin, das tödlich sein kann. Schon kleine Mengen sind gefährlich.
- Erkennungsmerkmale: Lila Blüten, oft auf ungenutzten Wiesen oder in Heu zu finden.
4. Eibe
- Gefahr: Eine der giftigsten Pflanzen für Pferde. Schon wenige Nadeln können tödlich sein.
- Erkennungsmerkmale: Dunkelgrüne Nadeln, rote Beeren, häufig in Gärten oder als Hecke.
5. Adlerfarn
- Gefahr: Führt zu Vitamin-B1-Mangel und schweren Vergiftungen.
- Erkennungsmerkmale: Große, fächerförmige Blätter, wächst oft am Waldrand.
Wie kannst Du Dein Pferd vor Giftpflanzen schützen?
Da sich Pferde nicht immer auf ihren Instinkt verlassen können, ist es wichtig, dass Du als Pferdebesitzer aktiv dafür sorgst, Vergiftungen zu vermeiden.
✅ 1. Regelmäßige Weidekontrolle
Überprüfe Deine Weide regelmäßig auf Giftpflanzen. Besonders nach Regen oder extremer Trockenheit können sich Pflanzen stark vermehren.
✅ 2. Ausreichendes Futterangebot
Sorge dafür, dass Dein Pferd immer genug hochwertiges Raufutter hat, damit es nicht aus Hunger oder Nährstoffmangel an Giftpflanzen geht.
✅ 3. Vorsicht bei Heu und Silage
Achte darauf, dass keine Giftpflanzen im Heu oder in der Silage enthalten sind – besonders bei Kräuterwiesen kann das ein Problem sein.
✅ 4. Begrenzung des Weidezugangs bei Überweidung
Wenn die Weide stark abgefressen ist, solltest Du Dein Pferd nicht dort lassen. Biete stattdessen zusätzlich Heu an oder wechsel die Weide.
✅ 5. Unerfahrene Pferde beobachten
Junge oder neu eingestellte Pferde sollten anfangs gut beobachtet werden, um sicherzustellen, dass sie keine Giftpflanzen fressen. Denn Pferde können nicht auf dem ersten Blick erkenne, ob etwas giftig ist und der Geschmack kommt leider erst, wenn die Pflanze schon im Mund ist. Vorsicht auch bei Importpferden.
Fazit: Pferde meiden Giftpflanzen – aber nicht immer!
Auch wenn Pferde giftige Pflanzen oft instinktiv erkennen und meiden, gibt es zahlreiche Faktoren, die dazu führen können, dass sie dennoch gefährliche Pflanzen fressen. Hunger, Langeweile, getrocknete Pflanzen oder Neugier spielen dabei eine große Rolle.
Als Pferdebesitzer kannst Du Dein Pferd schützen, indem Du Weiden regelmäßig kontrollierst, eine ausgewogene Fütterung sicherstellst und bei Verdacht auf eine Vergiftung sofort handelst. Denn auch wenn die Natur viele Schutzmechanismen bereithält – die beste Vorsorge ist und bleibt eine aufmerksame Betreuung durch den Menschen.
Übrigens, es gibt sogar eine Studie, die Untersucht hat, warum Pferde dennoch manchmal Giftpflanzen fressen und zu dem Schluss gekommen ist, dass eine eingeschränkte Futterauswahl, Überweidung, saisonaler Futtermangel und
der gleichzeitige Verzehr die Hauptgründe für die Vergiftungen waren. Die Studie heißt „Do Poisonous Plants in Pastures Communicate Their Toxicity? Meta-Study and Evaluation of Poisoning Cases in Central Europe“ und wurde von Sabine Aboling verfasst.